Die Forscherin
Einige Menschen erkennen in Mathildes fotografischer Arbeit eine klare Handschrift, sie selbst arbeitet allerdings nicht bewusst daran. Sie macht, was das Gefühl ihr sagt, und wenn das etwas ist, was sie nicht kann, übt sie so lange, bis es ihr gelingt. Ihre Arbeiten reichen von Stillleben, die von Gemälden aus dem siebzehnten Jahrhundert inspiriert sind über hypnotische Mash-ups bis hin zu filmischen Beauty-Shootings. Man kann ihre Arbeit daher als ruhig als „eklektisch” bezeichnen. „Ich finde es lustig, dass die Leute in meiner Arbeit eine Linie sehen. Ich mache nämlich vor allem ganz unterschiedliche Dinge“, erklärt Mathilde. „Das liegt zum Teil daran, dass ich einen kurzen Spannungsbogen habe und zum anderen daran, dass ich mich ständig weiterentwickeln möchte. Ich mag weiter forschen und besser werden in dem, was ich tue.
Die drei Elemente
Trotz allem lässt sich eine Gemeinsamkeit in den Bildern von Mathilde finden. Die Farben, Kompositionen und Blumen sind überall wiederzuentdecken und enthüllen den bevorzugten Stil der Fotografin. Denn Mathilde sucht in jedem Bild nach der gleichen Grundlage: Technik, Gefühl und etwas Organisches. „Ich finde es wichtig, dass ein Gleichgewicht zwischen diesen drei Elementen entsteht. Und dass sie sich gegenseitig verstärken. Angenommen, ich fotografiere eine Parfümflasche für einen kommerziellen Auftrag, dann suche nach etwas Weichem, das einen Kontrast zum Glas bildet, und nach etwas Organischem, das den Duft und das Gefühl des Parfüms unterstreichen kann. Dafür verwende ich fast immer eine Blume.”
'Meine Fotos müssen im Gleichgewicht sein'
Alles muss stimmen
Wenn Mathilde Stillleben für sich selbst gestaltet, beginnt sie immer mit der Blume. Sie hat keine Lieblingsblume, solange es sich um eine saisonale Blume handelt. Sie überlegt sich, welche Geschichte sie mit der Blume erzählen will und prüft, welche Elemente und Farben gut dazu passen. Sie lässt sich häufig von der Form der Blume leiten. Alle Details müssen passen, sonst funktioniert das Gesamtbild nicht. Sie lässt sich von Filmen, Arbeiten niederländischer Meister oder von all den Gegenständen inspirieren, die sie im Laufe der Jahre mit der Idee im Hinterkopf gesammelt hat, dass sie irgendwann eine Rolle in einem ihrer Bilder spielen könnten. Wenn sie alle Einzelteile gefunden hat, arrangiert sie die Blumen zu einem floralen Kunstwerk, bastelt an den Farbkombinationen und fügt hier und da einige Requisiten hinzu, bis ein Bild entsteht, mit dem sie zufrieden ist.
Blumen haben einen eigenen Willen
Während ihrer Arbeit führt Mathilde einen ständigen Dialog mit sich selbst und der Komposition, die vor ihr entsteht: „Ich frage mich immer: Geht es in die richtige Richtung? Entspricht das Ergebnis dem, was ich vor mir gesehen habe, oder fehlt dem Ganzen noch irgendetwas? Diese Konversation setzt sich die ganze Zeit über fort. Blumen machen einem ein Gespräch nicht so einfach, sie hören nämlich nicht immer zu. Während ich mir viel Zeit nehme, fangen die Blumen plötzlich an zu hängen und sich zu bewegen. Dadurch sieht die Arbeit dann anders aus, als ich sie mir vorher nicht vorgestellt habe. Manchmal denke ich, oh, das ist wunderschön, ich mache damit weiter. Manchmal stecke ich dann aber auch in einer Sackgasse. Doch wenn ich das Bild später wieder sehe, bin ich oft immer noch angenehm überrascht von dem Ergebnis.”
'Wenn ich ein Stillleben gestalte, bin ich im ständigen Dialog mit den Blumen'
Eigenwillige Künstlerin
Sie hat ein so genaues Bild vom Ergebnis im Kopf, dass Mathilde irgendwann beschlossen hat, Regie, Styling und Ausführung selbst zu übernehmen. Diese eigenwillige Mentalität hatte sie schon früher, und so hat es letztendlich mit dem Studium an der Kunstakademie nicht geklappt. Mathilde: „Meine Eltern sind beide Künstler. Als Kind haben sie mir beigebracht, über Farbe und Komposition nachzudenken und vor allem, mich weiterzuentwickeln. Darum habe ich an der Kunstakademie mit viel Basiswissen begonnen, war aber auch sehr eigenwillig. Ich dachte, ich wüsste alles besser und hatte nicht den Eindruck innerhalb der Mauern der Kunstakademie als Künstlerin wachsen zu könnte. Darum habe ich das Studium abgebrochen.
Schließlich überzeugt
Beim Fotografieren entdeckte Mathilde, wie gern sie eigentlich mit Blumen arbeitet. Doch ab und zu zweifelte sie daran, ob sie das wirklich will: Schließlich ist sie Fotografin und keine Floristin. Die Blumenkünstler, die sie als Exposé-Regisseurin kennengelernt hat, haben sie schließlich überzeugt: „Ich habe gemerkt, wie leidenschaftlich und neugierig sie sind. Oft tun sie auch etwas und sehen erst später, wie es ausgeht. Ihr Durchhaltevermögen hat mich enorm inspiriert, mit Blumen zu arbeiten. Also habe ich mir das Arrangieren von Blumen selbst beigebracht und habe mit Blumen in meiner Fotografie experimentiert. Ich habe gesehen, dass meine Blumenarrangements immer besser wurden, und jetzt werde ich immer häufiger darauf angesprochen, ob ich solche Arbeiten auch im Auftrag durchführen kann.“
'Ich habe lange gedacht, dass ich gar nicht mit Blumen arbeiten möchte'
Auf der Suche nach neuen Abenteuern
Bei so viel Leidenschaft für Blumen, war es für Mathilde dennoch nie eine Option Floristin zu werden. Sie gestaltet Dinge, die sie erhalten will, und solche Ambitionen sind mit der Arbeit einer Floristin unvereinbar. Mit ihrer Kamera ist das aber möglich. Mathilde: „Wenn mich die Leute fragen, wer ich eigentlich bin, antworte ich Stillleben-Fotografin. Ich finde es gut, sich einen eigenen Titel zu geben. Ich mag es, selbst Dinge auszusuchen, um Verschiedenes auszuprobieren und für neue Ideen offen zu bleiben. Deshalb habe ich mich jetzt auf andere visuelle Pfade wie Beauty, Film und Mode begeben. Diese Umgebungen sind von Ästhetik geprägt und sie verleihen mir eine ganz neue Energie. Zum Glück kann ich dies gut mit Blumen kombinieren, sonst hätte es mir wahrscheinlich nicht so gut gefallen.”
Mehr über Mathilde
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